Bremer Hockey-Club e.V.
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Kinesio-Taping: was können die bunten Pflaster wirklich?

Schon in den 70-iger Jahren vom chinesischen Arzt und Heilpraktiker Kenzo Kase entwickelt, hat sich das Kinesio-Taping im Profi- und Breitensport bei uns in letzter Zeit als therapeutische Option bei vielen muskulären Problemen bemerkenswert verbreitet durchgesetzt. Ehrlicherweise muss man  allerdings einräumen, dass die medizinische Studienlage nach 40 Jahren Anwendung noch relativ dünn und Evidenz-arm geblieben ist, was sicher überwiegend darin begründet ist, dass hier  – ähnlich wie in der Homöopathie – eine ausgeprägte Empfindungs-Subjektivität im jeweils angestrebten Heilungsprozess mit natürlich auch gut vorstellbaren Plazebo-Effekten eine gesicherte Einschätzung erschwert.

Relativ gut abgesichert scheint allerdings inzwischen – auch durch neuere Erkenntnisse der Faszien-Anatomie und –Physiologie befruchtet -, dass die Haut als großes Reflexorgan über eigene Sensoren  durchaus eine Beziehung zu tiefer gelegenen Muskelschichten und Faszien herstellen kann, hier spielen die schnell adaptierenden Meissner-Körperchen und langsamer adaptierende Merkel-Tastscheiben eine Rolle als sensomotorische Rückkopplungs-Partner. Als spezialisierte Mechano-Rezeptoren senden sie bei jeder Bewegung Informationen über Druck- und Vibrationsveränderungen am beklebten Körperareal an das Gehirn und dieses kann dann – gefüttert mit solchen Informationen – über komplexe Signale gezielt bestimmte Muskelareale funktionell beeinflussen, ggf. auch „entstören“, wenn krankhafte Verspannungszustände oder Verletzungen vorliegen. Man spricht hier von verbesserter „Propriozeptivität“. Man glaubt, dass die oft berichtete subjektive Schmerzlinderung dadurch zustande kommt, dass die vermittelten Haut-Signale schneller am gleichen Tor (Hinterhorn im Rückenmark) ankommen als die Schmerzreize, wodurch letztere „Schlange stehen“ müssen und abgeschwächt werden auf ihrem Weg zu den Schmerzzentren des Gehirns (?). 

Verständlicherweise fällt es vielen Medizinern schwer, an die verschieden ausgewiesenen Wirkungen der unterschiedlich gefärbten Tapes zu glauben, hier drängen sich Plazebo-Effekte auf. Auch muss man kritisch sehen, dass die Anwendungen der heute im Supermarkt käuflichen Tapes dem Laien sehr simple erscheinen und diese oft ohne anatomisches Vorwissen „selbst geklebt“ werden. Noch schlimmer ist die Anwendung durch Therapeuten mit fehlender entsprechender Ausbildung, bei denen sich der Patient sicher fühlt, ohne es wirklich zu sein. Hier kann der Schaden grösser sein als ein vermeintlicher Nutzen.

H.E.