Sport in Zeiten von Corona

22.04.2020

Welche Bedeutung haben Sport und körperliche Fitness in Bezug auf eine potentielle Covid-19-Infektion? Doc Elbrecht erklärt.

Die COVID-19 Infektion kann uns alle treffen. Wir haben es mit einem hoch infektiösen Virus zu tun, das sehr leicht übertragen wird, weil es sich in den oberen Luftwegen ansiedelt und sich dort vermehrt. Maßnahmen wie soziale Kontakt-Beschränkungen sind wichtig, um die Infektionswelle abzuflachen und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, aber sie werden uns wahrscheinlich nicht vor dem Risiko einer Infektion schützen, sondern eher den Zeitpunkt des Geschehens hinauszögern.
Sollten wir uns trotz aller Maßnahmen infizieren, dann ist es eminent wichtig, gesundheitlich und in Bezug auf körperliche Fitness auf einem optimalen Niveau zu sein.

Was können wir selbst dafür tun?

Wir sollten uns möglichst „fit“ halten, umso so auch bei einer Infektion möglichst unbeschadet durchzukommen. Daher ist es neben anderen Faktoren, die den Lebensstil betreffen, wichtig, dass wir unsere körperliche Leistungsfähigkeit und die Funktion unserer Organsysteme erhalten und gegebenenfalls auch in der jetzigen Phase steigern. Dafür ist körperliches Training eine Grundvoraussetzung und sollte auch trotz aller Einschränkungen beibehalten werden, um den Fitness-Zustand zu erhalten. Jetzt ist aber auch die Zeit, bisher Inaktive zu ermuntern, körperlich aktiv zu werden und ihren Fitnesszustand zu verbessern.
In entsprechend angepasster Form kann auch bei weniger Aktiven die individuelle Leistungsfähigkeit gesteigert werden, solange keine Krankheitssymptome vorliegen. Dies ist insbesondere wichtig, da wir nicht davon ausgehen können, dass die Infektionswelle in wenigen Wochen abebbt, sondern wir mit Monaten oder sogar mit ein bis zwei Jahren Gefährdung rechnen müssen.
Die jetzt getroffenen Maßnahmen zur sozialen Distanzwahrung erlauben es auch weiterhin, draußen körperlich aktiv zu bleiben und individuell Sport zu treiben. Gleichzeitig zeigen sie, dass auch die politischen Entscheidungsträger die Notwendigkeit von körperlicher Aktivität in dieser Zeit erkannt und entsprechend gehandelt haben.

Doch was bringt uns körperliches Training im konkreten Zusammenhang mit der COVID-19 Infektion?

Wir können dadurch nicht das Infektionsrisiko abmildern. Das Virus macht da keine Unterschiede – aber unser Körper kann besser auf die Verarbeitung der Infektion eingestellt werden. Hier kommt dem stabilisierenden Effekt körperlicher Aktivität auf das Immunsystem eine wesentliche Rolle zu.  Es ist mittlerweile sehr gut belegt, dass körperliche Aktivität zu Veränderungen des Immunsystems führt. Im Zusammenhang mit der COVID-19 Infektion kann hier neben anderen Mechanismen vor allem auch die Stärkung der eigenen Regulation des Immunsystems eine Rolle spielen. Diese eigene Regulation ist wichtig, um die Immunreaktion auf einen neuen Erreger so einzustellen, dass auf der einen Seite der Erreger (in diesem Fall die SARS COV-2-Viren beziehungsweise die von Ihnen befallenen Zellen) eliminiert wird und andererseits die Abwehr-Reaktion nicht überschießt.
Gerade die überschießende Antwort des Immunsystems ist es nämlich, die den Organismus überlastet und zum Versagen bringen kann. Es ist in den letzten Jahren gezeigt worden, dass gerade die inhibitorischen (hemmenden) Zellen des Immunsystems, hier vor allem die sogenannten T–regulatorischen Zellen, in Abhängigkeit von körperlicher Leistungsfähigkeit und Training in Zahl und Funktion gesteigert werden. Dies dürfte ein wichtiger Mechanismus für eine angemessene Reaktion des Körpers auf das neue Virus sein.
Es ist bekannt, dass sich bei älteren Menschen diese inhibitorischen Zellen des Immunsystems nicht mehr so effizient aktivieren lassen. Dadurch reagieren sie gerade auf neue Erreger, bei denen das Immunsystem eher unspezifisch und heftig antwortet, weniger angemessen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unser Immunsystem aktivieren und „trainieren“ und es damit „fit“ halten. Dazu sind besonders Ausdaueraktivitäten mit moderater Intensität von zentraler Bedeutung, weil hierdurch eine erhöhte Zirkulation der Immunzellen sowie eine Aktivierung unseres Abwehrsystems stattfinden, zugleich verbessert Ausdauertraining speziell auch bei Senioren durch eine Zunahme der Belüftung der Lungen und Steigerung der Pumpleistung des Herzens unsere Herz-Kreislauf-Fitness („Performance“) beträchtlich. Die Rolle dieser Fitness ist als Prädiktor der Sterblichkeit im Alter in den letzten Jahren in vielen Studien wissenschaftlich belegt.

Wie nun machen wir uns fit und stark gegen Corona?

  • Tägliche mehrmalige Atemübungen mit tiefem Ein– und Ausatmen, um die Lunge zu belüfteten
  • Tägliche Übungen zu Hause mit Ausdauer–, Kraft– und Koordinationsübungen (wie etwa in den redbox-Video-Vorschlägen von Joana Warrelmann oder in Downloads von YouTube angeboten)
  • Tägliche körperliche und sportliche Ausdauer-Aktivität mit moderater Intensität („Laufen ohne zu Schnaufen“, schnelles Spazierengehen, Nordic Walking)
  • Keine zusätzliche körperliche Aktivität bei vorliegenden Krankheitssymptomen, da hier zusätzlicher Stress auf das Immunsystem und das kardiopulmonale System entsteht
  • Dem Körper nach dem Training Regenerationsphasen geben, in denen der Trainingsreiz zur Anpassung genutzt werden kann und sich das Immunsystem „erholt“.

 

Außerdem gilt:

  • Abstand halten von mehreren Metern zwischen Sporttreibenden
  • Vermeiden von Sport in Räumen außer im eigenen Fitnessbereich zu Hause
  • Möglichst keine Berührungen von Parkbänken oder Kinderspielplätzen
  • regelmäßiges Händewaschen oder Händedesinfektion
  • gegebenenfalls Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung.


Autor: Dr. med. Horst Elbrecht  (In Anlehnung an „Bloch, Halle, Steinacker, Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 4/2020“)